Die Spisergasse: Urbane Vielfalt trifft auf Altstadtcharme

In der Spisergasse herrscht ein buntes Treiben. Die Geschäfte präsentieren ihr vielfältiges Angebot und die Menschen flanieren gemütlich von einem Laden zum anderen. «Das ist mein Lieblingsgeschäft», sagt eine junge Frau zu ihrer Freundin und zeigt mit dem Finger auf die Boutique mit den bunten Post- und Glückwunschkarten vor der Türe. «Da habe ich letztens ein originelles Geburtstagsgeschenk gefunden.» Die beiden Frauen wohnen in Herisau, kommen aber regelmässig nach St.Gallen zum Shoppen. In der Spisergasse haben es ihnen vor allem die kleinen Fachgeschäfte angetan. «Hier finden wir immer etwas Besonderes», sagen die beiden und verschwinden in der Boutique.

Die Spisergasse ist eine der wichtigsten Einkaufsstrassen und schönsten Gassen in der Stadt St.Gallen. Sie liegt im östlichen Teil der Altstadt, beginnt beim Bärenplatz und hört beim Spisertor auf. Sie ist der verlängerte Arm der Multergasse und hat sich in den vergangenen Jahren zu einer Einkaufsstrasse und Wohngasse mit ganz eigenem Charakter entwickelt. Dieser wird einerseits durch die vielen verschiedenen Spezialgeschäfte geprägt, die sich mit ihren ausgewählten, stilvollen Sortimenten innovativ und urban zeigen. So finden sich neben ätherischen Ölen, hochwertigen Design-Brillen und trendiger Damenmode auch natürliche Kosmetikprodukte, massgeschneiderte Herrenanzüge und nachhaltiges Kinderspielzeug. Andererseits laden Restaurants und kleine Cafés, sowohl drinnen als auch draussen, zum Durchatmen nach langen Shoppingtouren oder stressigen Arbeitstagen ein, was der Gasse gerade an sonnig-warmen Tagen ein mediterranes Ambiente verleiht.

«In der Spisergasse gibt es neben ätherischen Ölen, Design-Brillen und trendiger Damenmode auch natürliche Kosmetikprodukte, massgeschneiderte Herrenanzüge und nachhaltiges Kinderspielzeug.»

Eine Gasse zum Entdecken

Eine kurze Pause gönnen sich auch die beiden Frauen. Sie sind in der Geschenkboutique fündig geworden, wollen aber nicht verraten, was sie gekauft haben. Nur so viel: «Wieder etwas Aussergewöhnliches», sagen sie und lachen. Ein Spaziergang durch die kopfsteingepflasterte Gasse lohnt sich aber nicht nur wegen dem besonderen Einkaufserlebnis oder dem kulinarischen Genuss. Auch historisch hat die Spisergasse, die mit ihrem Namen an eine der wichtigsten St.Galler Kaufmannsfamilien im 13. bis 15. Jahrhundert erinnert, einiges zu bieten. Dazu gehören die intakten Fachwerkhäuser und geschichtsträchtigen Gebäude mit bildhaften Namen wie «Zum gelben Hahn», «Zum blauen Himmel» oder «Zur Nachtigall» ebenso wie die bunten, gut erhaltenen Malereien an den Häuserfassaden und die markanten Erker, die teilweise mehrere Stockwerke hoch sind. Der Charme, den die Häuser dadurch versprühen, wird gerade auch von den Menschen, die hier wohnen, besonders geschätzt.

Die Gasse und ihre Geschichten

In der Spisergasse lebt die Geschichte, und es gibt viel zu erzählen. Auch über den Aepliplatz an der Abzweigung in die Turmgasse und den «Kinderbrunnen» vor dem Haus «Zum Freieck». Dieser Platz wurde nach dem St.Galler Staatsmann Arnold Otto Aepli (1816-1897) benannt, dessen Geburtshaus sich in unmittelbarer Nähe befindet. Der Brunnen ist einer von 110 Brunnen in der Stadt St.Gallen und wurde 1953 vom Zürcher Bildhauer Karl Geiser entworfen. Er konnte ihn allerdings nicht fertigstellen, da er vier Jahre später verstarb. Rolf Brem, ein Luzerner Bildhauer, vollendete 1959 die Brunnenanlage, die über einem modern geformten Becken zwei Kinder und ein Tier aus Bronze zeigt. Besonders eindrücklich sind auch das Schlössli am östlichen Ende der Spisergasse mit seinem burgenähnlichen Charakter, das Laurenz Zollikofer, ein Enkel Vadians, 1586 erbaute, und das Spisertor. Dieses wurde 1879 als letztes Tor der mittelalterlichen Stadtbefestigung abgebrochen. Das Glockentürmchen beim Geschäftshaus an der Zeughausgasse 22 erinnert noch heute an das damalige Tor zur Stadt.

Bei dieser lebendigen Geschichte ist es nicht verwunderlich, dass in der Spisergasse häufig Touristinnen und Touristen anzutreffen sind. Beeindruckt schiessen sie ein Foto nach dem anderen und tragen damit auch ein Stück dieser modern-traditionellen Gasse in die Welt hinaus.