Hafermilch und Retro-Bike: 100 Quadratmeter St.Galler Freiheit
Es sind knapp hundert Quadratmeter Freiheit für Cheyenne und Shane - Hundert Quadratmeter WG-Altbauwohnung, mitten in der Stadt St.Gallen, in der sich die beiden Schwestern zu Hause fühlen. Wir treffen sie an einem Sonntagmorgen in ihren vier Wänden, welche sie zusammen mit ihrer guten Freundin und Musikerin Femi Luna teilen. Der Brunch ist aufgetischt. Zopf, Butter, Frischkäse, Hafermilch und Heidelbeeren. Vom Plattenspieler aus der Ecke dudelt die neueste Scheibe der Schweizer Band «Black Sea Dahu», vom Wohnzimmer aus sieht man Shanes knallrotes Retro-Bike, das in ihrem Schlafzimmer an der Wand lehnt. Der Kaffee aus der Bialetti ist bereit. Beim Frühstück erzählen die Schwestern von ihrer Wahlheimat. Denn die Stadtluft gehörte für sie nicht schon immer zum Leben.
Ursprünglich aus dem Speicher
Aufgewachsen sind die beiden Geschwister in Speicher, dem 4000-Seelen-Dorf am Rande des Appenzellerlandes. Die ältere der beiden Schwestern, Cheyenne, zog es für den Bachelor zuerst nach Basel. Die Grossstadt im Nordwesten der Schweiz gefiel ihr zwar – für den Master wollte sie aber wieder dahin, wo sie sich zu Hause fühlt: nach St.Gallen. «Als Jugendliche sind wir am Mittwochnachmittag oft nach St.Gallen gefahren und durch die Gassen gestreift», sagt Cheyenne. Immer mehr verlagerte sich der Lebensmittelpunkt in die Stadt. Auch Shane entscheid sich nach der Kantonsschule für die Universität. «Ich studiere in Zürich Psychologie. Trotzdem entschied ich mich, in St.Gallen wohnen zu bleiben», sagt die 20-Jährige. Es gefalle ihr hier so gut. Und die Zugverbindungen nach Zürich seien ideal. «Wenn ich am Abend wieder zurück nach St.Gallen komme, fühlt es sich nach Heimat an».
Natur und Stadt so nah
Die beiden Schwestern verbindet nicht nur der Familienname, sondern auch ihre Liebe zur Natur. Sie sind gerne mit dem Fahrrad unterwegs, wandern im Alpstein und schwimmen im Bodensee. «Fürs Velo ist St.Gallen ideal. Ich kann zur Uni fahren oder in die Innenstadt – alles ist so nah», schwärmt Cheyenne. Auch die Drei Weieren oberhalb der Stadt haben es ihnen angetan: «Manchmal gehen wir morgens schwimmen, oder lassen den Abend bei einem Bier an den Weieren ausklingen», so Shane. Zusammen flüchten sie so kurz in die Natur, sollte ihnen der Trubel der Stadt zu viel werden.
«Fürs Velo ist St.Gallen ideal. Ich kann zur Uni fahren oder in die Innenstadt – alles ist so nah.»
Cheyenne Sonderegger, Masterstudentin aus dem Speicher, über ihre Wahlheimat St.Gallen.
«Das Herz am richtigen Fleck»
Wenn Shane nicht in Zürich im Hörsaal sitzt oder in den Weieren schwimmt, jobbt sie im St.Galler Restaurant «Drahtseilbähnli». Das Restaurant bei der Talstation der Mühleggbahn ist bei den St.Gallerinnen und St.Gallern bekannt für die familiäre und herzliche Umgebung. Shane kann das unterschreiben – wenn sie von ihrem Arbeitgeber redet, kommt sie ins Schwärmen. Auch der Standort des Restaurants nahe der St.Galler Mühleggschlucht lasse ihr beim Geräusch des Wasserfalls die Batterien wieder aufladen.
An diesem Sonntagmorgen sitzen wir länger am kleinen Esstisch im WG-Wohnzimmer an der Teufenerstrasse als geplant. Cheyenne setzt nochmals Kaffee auf, schenkt nach. Wenn die Schwestern von ihrem Leben erzählen, machen sie es mit voller Leidenschaft und Positivität. Sie fühlen sich wirklich wohl in ihrer Stadtwohnung, das sieht man an den Bildern an der Wand, dem sorgfältig eingerichteten Wohnzimmer mit Trockenblumen und dem Perserteppich. Diese 100 Quadratmeter, die ihre Leidenschaft für das pulsierende Leben und die Freude an der Natur verbinden.