Seit über 120 Jahren engagiert sich obvita für die Gleichstellung von Menschen mit Beeinträchtigungen. Mit Beratungen, Wohnmöglichkeiten und Ausbildungsplätzen schafft das Unternehmen Perspektiven für junge Erwachsene.
Schnuppern im betreuten Wohnen
Um abzuklären, ob «Wohnen im Jugendalter» bei obvita im Einzelfall die passende Lösung bieten kann, beginnen alle Interessierten mit zwei Schnupperwochen. Das Wochenprogramm bietet klare Strukturen und Raum für Selbstbestimmung. Begleitet von Mitarbeitenden von obvita gehen die Bewohner und Bewohnerinnen beispielsweise jeweils am Montagabend zum Einkauf, danach folgt eine Gruppensitzung, in der aktuelle Themen besprochen werden. Einen wichtigen Teil der sozialpädagogischen Begleitung stellen soziale Kontakte sowie Sport und Vereinsleben dar. So treffen sich die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in einer Turnhalle oder besuchen Vereine wie das Team FCSG Unified, das Torballtraining, das Blind Jogging oder den Petanque-Club.
«Bei obvita achten wir stark darauf, die Menschen aktiv einzubeziehen und ihre Mitsprache zu fördern.»
Niklaus Keller, Koordinationsperson Wohnen im Jugendalter bei obvita
Start ins Berufsleben
Die meisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die bei obvita leben, nutzen wie William Tighe das Wohnangebot im Zusammenhang mit einer Ausbildung. Das soziale Unternehmen bildet in 18 verschiedenen Berufsfeldern aus: von Praktiker und Praktikerin Hauswirtschaft über Assistent und Assistentin Gesundheit und Soziales bis hin zu Polymechaniker und Polymechanikerin. Gewisse Berufsgruppen werden schweizweit einmalig mit Fokus auf Menschen mit Unterstützungsbedarf angeboten, wodurch Auszubildende aus diversen Kantonen nach St.Gallen wechseln.
«Am liebsten mache ich Riz Casimir»
Einer der Bewohner und Bewohnerinnen ist William Tighe. Er kam vor vier Jahren mit seiner Familie aus Deutschland in die Schweiz und suchte daraufhin einen Ausbildungsplatz – fündig wurde er bei obvita. Seit einem Jahr lässt er sich zum Industriepraktiker ausbilden, baut Komponenten von Kühlschränken zusammen, verpackt Medikamente und auch Schokolade, seine Lieblingstätigkeit. Gemeinsam mit drei weiteren jungen Erwachsenen lebt er aktuell im Haupthaus und erlernt dort die Fähigkeiten, die er für sein persönliches Ziel benötigt: Er möchte irgendwann alleine wohnen. Neben seiner Ausbildung und den damit verbundenen Aufgaben ist er viel im Haushalt tätig, erledigt die Wäsche, putzt und kocht. «Am liebsten mache ich Riz Casimir», sagt der 19-Jährige. Gerade das Einkaufen stellt ihn jedoch aufgrund einer Autismus-Spektrum-Störung teilweise vor grosse Herausforderungen, wenn beispielsweise die Abteilung mit Frischwaren umgestellt wird. Obwohl er alleine wohnen möchte, gefällt ihm das Zusammenleben in der WG.
«Aktuell absolvieren 76 Jugendliche bei uns eine Ausbildung oder sind dabei, sich gezielt auf eine vorzubereiten.»
Gabi Soldati, Koordinationsperson der Fachstelle Berufliche Bildung bei obvita
Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit der obvita erstellt. Der vollständige Artikel dazu erschien im November 2024 im SaintGall Magazin.
Text: Stefan Feuerstein
Bilder: Urs Bucher